Arbeitnehmerhaftung – Wo, wann und wie haftet eigentlich ein Arbeitnehmer?


Bei der Arbeit können Arbeitnehmer anderen, wie z. B. Kunden, Kollegen oder Vorgesetzten Schäden zufügen. Doch wie ist die Haftung in solchen Fällen geregelt?

Nach § 823 BGB ist grundsätzlich der Schadenverursacher zum Schadenersatz verpflichtet. Schon lange hält sich hier die Legende von der Haftungsbegrenzung auf des Arbeitnehmers auf drei Monatsgehälter. In der Praxis stellt sich die Situation allerdings anders dar.

Die Frage nach der Arbeitnehmerhaftung dreht sich um Fälle, in denen Arbeitnehmer während der Erbringung ihrer Arbeitsleistung Schäden verursachen. Dies können Personen- oder Sach-, aber auch reine Vermögensschäden sein. Sie können den Arbeitgeber selbst, andere Mitarbeiter, Kunden oder sonstige Dritte, die mit dem Unternehmen nicht in einer Vertragsbeziehung stehen, treffen.

Bei der Frage, ob der Arbeitgeber für Schäden haftet, die sein Mitarbeiter verursacht hat, unterscheidet man zwischen der vertraglichen und der deliktischen Haftung.

Vertragliche Schadenersatzhaftung

Bei der vertraglichen Schadenersatzhaftung ist es die Aufgabe des Vertragspartners, der schuldhaft seine vertragliche Pflicht verletzt, für den aus der Pflichtverletzung entstandenen Schaden des Anderen zu haften. Da hier die Beweislastumkehr gilt, muss der Arbeitgeber die Pflichtverletzung des Arbeitnehmers nachweisen. Des Weiteren wird der Arbeitnehmer bei grober Fahrlässigkeit unter Umständen nur anteilig und eingeschränkt haftbar gemacht.

Die vertragliche Haftung des Arbeitnehmers bezieht sich für gewöhnlich nur auf den Arbeitgeber, denn zwischen dem Arbeitnehmer und einem Dritten besteht kein Vertragsverhältnis. Kommt es allerdings durch ein Verschulden des Arbeitnehmers zu einer Vertragspflichtverletzung des Unternehmens gegenüber dem Kunden, so ist der Arbeitnehmer in der mittelbaren vertraglichen Haftung.

Deliktische Haftung des Arbeitnehmers

Wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig bestimmte Rechtsgüter eines Dritten (Leben und Gesundheit, Freiheit, Eigentum und andere absoluten Rechtsgüter) verletzt, haftet der Arbeitnehmer. Er haftet auch beim Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften zum Schutze von Dritten.

Schädigung von Arbeitskollegen (Personenschäden)

Für gewöhnlich ergeben sich die Haftungsansprüche bei Personenschäden von Arbeitskollegen aus dem Bereich der deliktischen Haftung. Wenn der Arbeitnehmer allerdings Arbeitsschutzpflichten, die in seinem Arbeitsvertrag festgelegt wurden, verletzt und dadurch einem Kollegen schadet, kommt die vertragliche Haftung zustande. 

Kommt es durch die betriebliche Tätigkeit oder bei einem Arbeits- oder Wegeunfall zu einem Personenschaden, der von einem Versicherten des selben Betriebs verursacht wird, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Personenverletzungen von Kollegen, die vorsätzlich, im allgemeinen Straßenverkehr oder nicht betrieblich veranlasst wurden, unterfallen dem allgemeinen Haftungsregime. Was genau als betrieblich oder nicht betrieblich veranlasst gilt, entscheidet sich gewöhnlich vor Gericht.

Haftungsbegrenzung   

Für den Arbeitnehmer gilt das sogenannte Haftungsprivileg. Danach wird Haftung nach dem Grad seines eigenen Verschuldens festgelegt. Hierbei ist zu beachten, dass eine betrieblich veranlasste Tätigkeit vorzuliegen hat. 

Art des Verschuldens des ANHaftungsumfang des AN
Leichte FahrlässigkeitKeinerlei Haftung
Mittlere FahrlässigkeitQuotale Haftung (jeweils Einzelfallbetrachtung)
Grobe FahrlässigkeitGrundsätzlich volle Haftung
Grobe Fahrlässigkeit mit hohen MissverhältnisAuf normales Schadenrisiko bezogene Haftung
VorsatzGrundsätzlich volle Haftung

 

Grundsätzlich wird bei der Frage nach der Haftung auch das mitwirkende Verschulden des Arbeitgebers bei der Schadenentstehung berücksichtigt. So zum Beispiel bei ungeeignetem Arbeitsgerät oder mangelhafter Unterweisung des Arbeitnehmers. Weiterhin nimmt das BAG eine umfassende Billigkeitsprüfung vor, bei der neben der Quotenfeststellung auch eine Korrektur bei Vorsatz oder einfacher Fahrlässigkeit beinhaltet ist. Dazu werden folgende Umstände berücksichtigt:

  • die Gefahrgeneigtheit der Tätigkeit: je höher die Gefahr ist, dass bei der von dem Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit ein Schaden eintritt, desto geringer haftet der Arbeitnehmer
  • Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb
  • Arbeitsentgelthöhe
  • die Arbeitsbelastung des Arbeitnehmers
  • organisatorische Vorkehrungen des Arbeitgebers zur Schadenverhinderung Versicherbarkeit des Schadens
  • die Berufserfahrung des Arbeitnehmers
  • die Ausbildung des Arbeitnehmers
  • persönliche Umstände des Arbeitnehmers
  • bisheriges Verhalten des Arbeitnehmers

Haftung gegenüber Dritten (Haftungsfreistellung)

Wie oben geschildert ist der Arbeitgeber in der Regel verpflichtet, den Arbeitnehmer aufgrund des Haftungsprivilegs in den entsprechenden Fällen aus der Haftung gegenüber Dritten freizustellen (innerbetrieblicher Schadensausgleich). Allerdings gilt dies nicht im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers. Dann besteht auch bei einfacher oder mittlerer Fahrlässigkeit ein sogenanntes substanzielles Haftungsrisiko des Arbeitnehmers.

Wird also zum z. B. eine Maschine, die Eigentum der Bank ist, aufgrund leichtester Fahrlässigkeit beschädigt, so kann die Bank den Arbeitnehmer im vollen Umfang haftbar machen, wenn der Arbeitgeber zahlungsunfähig ist. Der Arbeitnehmer kann durch eine geeignete Versicherung vor der Haftung geschützt werden. Wurde eine solche Versicherung jedoch nicht durch den Arbeitgeber abgeschlossen, darf der Arbeitnehmer die Arbeit an geleasten oder finanzierten Maschinen verweigern bis ein Versicherungsschutz besteht.

Mankohaftung (Fehlgeldentschädigung)

Bei der Mankohaftung oder auch Mankoabrede, besteht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine nicht gesetzlich geregelte Abrede über die Frage, ob und inwiefern der Arbeitnehmer für einen Kassen- oder Warenfehlbestand einzustehen hat. Ohne eine derartige Abrede kann der Arbeitnehmer nur bei einer schuldhaften Verletzung des Arbeitsvertrags oder einer unerlaubten Handlung haftbar gemacht werden. Grundsätzlich gelten hier auch die bekannten Regeln der Haftung, wie die Beweislastumkehr und der innerbetriebliche Schadensausgleich. Einigt sich der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer auf eine verschuldensunabhängige Mankohaftung, so muss eine Gegenleistung, ein Mankogeld oder Fehlgeldentschädigung als erhöhtes Arbeitsentgelt geboten werden. Die Mankohaftung darf die Summe der Gegenleistung dabei nicht überschreiten. Für gewöhnlich kann ein Arbeitgeber ein pauschales Mankogeld bis zu einer Höhe von 16 €/Monat steuer- und sozialversicherungsfrei zahlen.

Wie kann man sich vor der Haftung schützen?

Während Beamte und Angestellte des öffentlichen Diensts in den Genuss einer Diensthaftpflicht kommen, und Ärzte, Rechtsanwälte sowie Steuerberater zum Abschluss einer Berufshaftpflicht- bzw. Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verpflichtet sind, gibt es für gewöhnliche Arbeitnehmer keine solche Versicherungslösung. Hier sollten Sie mit Ihrem Makler über die Konditionen Ihrer Privathaftpflicht sprechen.

Auch als Arbeitgeber sollten Sie Ihren Versicherungsschutz prüfen, vor allem im Bereich der Betriebshaftpflicht- und Maschinenversicherung.

Disclaimer: Diese Sparteninformation gibt Auskunft, welchen Leistungsumfang die genannte Versicherung üblicherweise hat. Die konkreten Versicherungsbedingungen weichen je nach Anbieter / Produkt hiervon ab. Diese Sparteninformation dient ausschließlich der allgemeinen Information über eine Versicherung und mögliche Leistungs- und Schadensfälle.



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